Donnerstag, 15. Dezember 2011

Zivilcourage - Ein Spaziergang

Hier im Plattenbaubezirk, sucht man Freu(n)de oft vergebens. Jeder lebt halt für sich allein. Fressen oder gefressen werden, ist die Frage dieses dreckigen Lebens, die ein jeder sich zu stellen hat.
So schlendere ich mit meinem schwarz-weiß geflecktem Hund dessen Name in deutscher Sprache ironischerweise mit dem Wort "glücklich" zu übersetzen ist den kargen Hausflur entlang. Wir fahren mit dem schmuddeligen Fahrstuhl hinunter und gehen vor die Türe und sogleich schaue ich gegen graue Häuserfassaden, in meist graue Gesichter die wie Geister an den zahlreichen Graffitis vorbeischweben.
Ein paar Meter erst gelaufen, so in völliger Gleichgültigkeit, höre ich aus einem geöffneten Fensterspalt einen Streit in einer mir befremdlichen Sprache. Die Worte musste ich auch nicht verstehen um zu begreifen. Er schreit sie an. Sie weint. Türen knallen und ein Glas oder ein Teller oder etwas Ähnliches zerbricht. Vielleicht war es auch die Hoffnung auf ein besseres Leben, die da im Unverstand zerscheppert wurde. Wer weiß das schon und vor allem - wen interessiert`s eigentlich noch?
Mein Hund schreckt durch das Gepolter  auf und schaut sich verwirrt um, wir gehen weiter ohne uns weiter daran zu stören, ich denke mir nur noch kurz "Was geht`s mich auch an?".
An der nahegelegenen Strasse zwischen den grauen Häuserschluchten schlagen sich zwei Mädchen, kaum 1,40 Meter hoch gewachsen mit der Faust gegenseitig in ihre zarten Gesichter. In die eigenen "Fressen" wie sie selbst sagen. Sie wälzen sich auf dem Asphalt, im Dreck und im herumliegenden Müll und schreien sich mit quickiger Stimme an. "Du Fotze, Du Hure, Deine Fotze stinkt, Du Hure". Mein Hund und ich gehen gleichgültig an den beiden Mädchen vorüber, ich denke mir noch kurz "was ist nur aus der Jugend geworden".
Wir erreichen einen etwas abgelegenen Pfad, hier liegt noch mehr Müll herum als in den Strassen, den Leute achtlos wegschmeißen um ein bißchen Geld zu sparen. Essensreste, Computerboxen, ja sogar alte Röhrenfernseher, Fahrräder und zerschlagene Bier- und Schnapsflaschen liegen hier und wirken wie abstrakte Dekoration in den paar noch uns verbliebenen Fleckcken Natur. Mein Hund schnüffelt an einer Tüte voller Restmüll und ich denke mir kurz "was für Idioten".
Aus der vermüllten Natur entkommen, erreiche ich die Innenstadtgrenze und laufe an einer längst fensterlosen Bushaltestelle vorrüber. Auf der Bank liegt ein Obdachloser, neben sich ein paar Büchsen billiges Bier, ich kann nicht erkennen ob dieser Mann schläft oder bewustlos ist, er sieht aus, als wäre er kürzlich erst derbe geklatscht worden, ich gehe achtlos mit meinem Hund vorrüber und zerre ihn noch weg von dem Mann und denke mir nur kurz "selber Schuld, scheiß Säufer"
Auf dem Marktplatz wird einer alten Dame ihre Handtasche entrissen, als sie gerade ein paar Kartoffeln zu zahlen gedachte. In der Seitengasse sprühen Jugendliche Hakenkreuze an die Wand, ein paar Meter weiter wird mit Heroin gedealt, da hinten am Platz findet man den Babystrich und die Zeitung zu lesen das sollte man sich besser ersparen. Nachdem mein Hund seine Geschäfte erledigt hatte, lief ich wieder nach Hause und dachte noch kurz: "Die Menschen sind dem Untergang geweiht" aber eigentlich, ja eigentlich ist`s mir auch egal.

7 Kommentare:

  1. Sehr schöner Text...Vorallem das Ende find ich gut. Lustig das ich mir zu jeden abschnitt die passende Stelle denken kann.

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  2. Komisch, komisch dass Du das so assoziieren kannst ;) (BoB)

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  3. Neulich wurde bei uns im Sport Studio zum Blutspenden aufgerufen...lief schlecht....die Leute bekommen es noch nicht einmal hin, Guten Tag zu wünschen,...oder zu lächeln...dann Blutspenden....SCHWIERIG.
    So viele beschweren sich über die Anonymität...doch dagegen unternehmen die wenigsten etwas....Furchtbar...aber irgendwie werden mir andere Menschen immer mehr EGAL...ich ekel mich inzwischen vor vielen Leuten....

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  4. Hier ist alles zu spät. D: Aber schön geschrieben!

    Björn, du sprichst mir aus der Seele.

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  5. Hey Björn, wenn`s mal wenigstens respektvolle, menschliche Anonymität wäre...

    Nich so eine "Du bist mir egal, aber dein Handy nehm ich mir trotzdem" Anonymität

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  6. guter text,und leider viel zu verbreitet und wahr :(

    darum geh ich den hamburger weg,hinschauen,helfen sooft wie irgend möglich.

    klar kriegt man oft genug nen arschtritt dafür..

    aber wenn nur einer von 100 denen man geholfen hat,einen umarmt und mit strahlemden gesicht danke sagt,dann wars(isses)das wert :)

    naja weg mit dem schwermut,

    wochenende sonnenschein,
    ich knall mir 20 bierchen rein,
    gugg fußball und ess totes schwein,
    es ist schön deutscher zu sein.

    in diesem sinne,schönes we zusammen :)

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  7. wünsch ich Dir auch derHool, lassen wir´s krachen wa!

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Keine Beleidigungen!