Montag, 13. August 2012

Hamburg - Schanzenfest ohne Alkohol?!

Am 25.08. ist es wieder soweit, die Sternschanze feiert ihr Schanzenfest.

Schon seit 1988 organisiert das Viertel ein links-alternatives Strassenfest, welches seit 2004 unangemeldet stattfindet, da die Veranstalter die Auflagen der Stadt für nicht zumutbar halten. Am Tage herrscht ein buntes Treiben, rund um die rote Flora gibt`s nen großen Flohmarkt, viele, viele Fressbuden, alternative Musik und Strassenkünstler zeigen was sie können. Während die Sonne am Tage scheint ist es ein friedliches Fest für groß und klein, viele tausend Menschen nutzen die Gelegenheit um das weit über Hamburgs Grenzen hinaus bekannte Viertel zu besuchen. Sie nehmen ihre Kinder mit, die sich in Hüpfburgen austoben können oder Senioren laufen durch das Schulterblatt, eine für Strassenschlachten bekannte Strasse in der Schanze, um ein Stück Kuchen zu essen.

In der Abenddämmerung jedoch verschwinden Kinder und Senioren.

Die Polizei erhöht merklich ihre Präsenz und das Bild in der Schanze wandelt sich. Jahr für Jahr kommt es nun zu Ausschreitungen zwischen links-autonomen und auch unpolitischen alkoholisierten Jugendlichen und der Staatsmacht. Mülleimer werden in Brand gesteckt, Scheiben zerbersten, Bankfillialen werden mit Gullideckeln traktiert.

Das Fest wendet sich gegen den Raubtierkapitalismus, gegen Immobilienspekulationen, gegen freiheitsbeschränkende Maßnahmen durch die Stadt Hamburg / den Staat Deutschland, gegen die horrend hohen Mieten und die Wohnungsknappheit in Hamburg und anderswo, gegen Krieg, gegen Tiermord, gegen Vorurteile und Faschismus halt gegen alles was Scheiße ist, es ist ein Kiez Fest, selbstorganisiert und durchmischt von verschiedensten Kulturen und politischen Strömungen.

 Das Schanzenfest ist deshalb auch eine Solidaritätsbekundung zu verschiedenen Anlässen, dieses Jahr geht es um die Aufstände in Griechenland, auch Aktivisten von dort werden in Hamburg erwartet um Interviews in der Schanze zu geben.

Deswegen sind primäre Ziele der am Abend randalierenden (un)politischen jungen Menschen Banken und "hochwertige" Geschäfte und natürlich die Polizei selbst, die sich mit brachialer Gewalt zwischen Bank und Vermummten stellt, um die demokratische Grundordnung mit dem Knüppel in der Hand sicher zu stellen. Im Jahre 2009 wurde sogar eine Polizeistation mit Brandsätzen und einem Straßenschild angegriffen.

Besucher und Bullen stehen sich beim Schanzenfest 2011 gegenüber 
Das dieses Verhalten der jungen Bürger durchaus in Frage zu stellen ist, erklärt sich von selbst, doch wo genau liegt der Auslöser solcher Gewaltausbrüche. Etwa in der Politikverdrossenheit der alternativen Jugend, die das Vertrauen in die Politik (völlig zurecht) verloren hat? Oder hat vielleicht die Polizei schuld, die Jahr für Jahr für "Ruhe und Ordnung" in der Schanze sorgt und auch vor Gewalt nicht zurückschreckt? Oder trägt der durchaus sehr hohe Alkoholkonsum die höchste Last in der Schuldfrage zu den Eskalationen während des Schanzenfestes.

Ein SPD-Sicherheitsexperte hat sich in dem Strassenmagazin Hinz und Kunzt zu Wort gemeldet und hält ein zeitlich- und lokal begrenztes Alkoholverbot in der Schanze zum 1.Mai und zum Schanzenfest für ein denkbares Szenario um Eskalationen zu vermeiden.

Da hat der "Sozialdemokrat" sich ja mal richtig Gedanken gemacht. Meine Fresse, dass da keiner eher drauf gekommen ist, der Steineschmeißer und Mülltonnenanzünder lässt den Unfug sicher sein, wenn er nicht mehr trinken darf (und es natürlich trotzdem und jetzt erst recht tut), wenn er denn überhaupt jemals vorhatte zu trinken oder zu saufen, es soll ja auch Leute geben, die aus Überzeugung Steine gegen die Haspa und Brandsätze auf Polizisten schmeißen (wobei Letzteres jede mir vorstellbare Vernunft übersteigt). Sollen die Bullen dann die Schanze abriegeln und an jeder Apfelschorleflasche schnüffeln um das Verbot durchzusetzen? Dann bleibt es sicher friedlich lieber Herr Sicherheitsexperte!

Mit Verboten und Geboten kommt man bei einem ohnehin nicht angemeldeteten Strassenfest nicht weit, genau das nervt diese Menschen ja, sie begehren Freiräume, kulturelle Vielfalt, sie leben mehr Integration als alle anderen und die Gesellschaft kommt ihnen mit Hunderschaften, Hausräumungen, Stadtmodernisierungen und Yuppibuden entgegen und ihr wundert euch noch.


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