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"Hier fühlen Sie sich Zuhause!"
"Bei uns steht ihre Würde an erster Stelle"
"Mensch ist hier noch Mensch"
So oder so ähnlich werben ausnahmslos alle Altenpflegeheime in ihren Hochglanzprospekten, die überall in den Einrichtungen herumliegen. Alles leere Phrasen. Stellen Sie sich vor, Sie werden beinahe jeden Tag von fremden Personen geweckt, die Ihrer Sprache teilweise nicht einmal mächtig sind.
"Hallo, ich XXX, Sie aufstehen jetzt, ich waschen", wobei dies aufgrund der eigenen Vorstellung noch ein erstrebenswerter Weckvorgang ist. Fühlen Sie sich dort Zuhause?
Chronisch unterbesetzt, teilweise unterqualifiziert, emotionslos - Alltag in deutschen Einrichtungen der Seniorenverwahrung für Mittelstand und Unterschicht. 2 Pflegekräfte auf 20, 30 zu Pflegende sind Normalität und kein Einzelfall.
Die Senioren spüren das, sie fühlen sich abgefertigt, Kapitalanlage Gammelfleisch, welches es zu bearbeiten gilt um es möglichst lange am zahlen zu erhalten. Am besten in Pflegestufe 3 = kann nix, will aber auch nix, zahlt am meisten. Das Pflegestufe 3 für den Betroffenen absolut scheiße und nicht wünschenswert ist, interessiert niemanden. Sie habe alle nur Dollarzeichen und den Feierabend in Kopf. Auch ich erwische mich oft bei dem Gedanken an Feierabend oder dem Gedanken, an den bevorstehenden Geldeingang (scheiß Gruppenzwangkapitalismus).


Dazu kommt der eklatante Pflegekräftemangel in vielen Großstädten wie Hamburg, Berlin, Frankfurt. Der Kampf um die Arbeitskraft hat begonnen, d.h. aber auch, dass jeder als Pflegehelfer eingestellt wird, der weiß wie man eine Hose richtig herum anzieht. Wenn man dazu noch für den Mindestlohn von 8,51 € (brutto natürlich) arbeiten muss, wie bei den allermeisten Zeitarbeitsfirmen und auch bei einigen privaten Heimbetreibern der Fall, ist man nur für andere da und wird gleichzeitig ausgebeutet und verbraucht. Darunter leidet die Qualität der Pflege in hohem Maße. Doch nicht nur für die Menschen, die in den Einrichtungen den Rest ihres Daseins fristen müssen, ist Zeitarbeit ein Problem.
Wie in anderen Bereichen der Zeitarbeit auch (Industrie, Handwerk) bekommen auch die Zeitarbeiter in der Pflege für gleiche Arbeit (eher ist es für sie noch wesentlich schwieriger, da sie die Menschen, die sie zu pflegen haben, ja nicht kennen), in aller Regel weniger Geld, als die festangestellten Pflegekräfte. Sie müssen flexibler sein, sie kriegen z.B. erst am Morgen bescheid, wo sie am Nachmittag arbeiten müssen, bei vielen Zeitarbeitsfirmen läuft es mit der Bezahlung nicht immer 100 % (Zuschläge werden einfach nicht bezahlt usw.).
Selbst Wohlfahrtsorganisationen wie die Caritas, die AWO, die Diakonie arbeiten in Ballungszentren regelmäßig mit Zeitarbeitsfirmen zusammen und das obwohl ein Großteil der Bevölkerung diese moderne Form der Sklavenhaltung mißbilligt.

Zeitarbeit in der Pflege der Generation einzusetzen, vor der wir eigentlich am meisten Respekt haben müssten, ist ein Wagnis. Die Frage die sich mir stellt ist: Kann eine bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigte Pflegekraft Tag für Tag qualitativ hochwertige und menschenwürdige Pflege leisten, wenn sie selbst unter einem unwürdigem Arbeitsvertrag schuftet, viel zu wenig Lohn und beinahe gar keine Anerkennung bekommt. Wenn sie Angst hat sich krank zu melden, aufgrund drohender Kündigung oder Gehaltseinbussen. Sie nie irgendwo "ankommt" und so etwas wie "vertrautes Verhältnis" zu den ihr anvertrauten Menschen aufbauen kann.
Sie kann - aber wie lange?
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